Weil ich kann... Möglichkeiten und Hilfenetzwerk
Ich habe im letzten Post über die Auswirkungen und Einschränkungen meiner Erkrankungen geschrieben, und habe nun das Bedürfnis, als Klarstellung, über meine Möglichkeiten und mein Hilfesystem zu schreiben.
Denn eine Krankheit ist nicht das Ende! Sie kann auch ein Anfang sein, der Beginn eines neuen Abschnitts, vielleicht sogar eines neuen Lebens. Nur ICH kann entscheiden, was es wird - Anfang oder Ende - wie es wird - positiv oder negativ - wann es wird - heute, morgen oder jederzeit...
Klar, durch meine Krankheiten wurde vieles zerstört und ich habe noch mehr verloren. Aber dadurch wurde auch Neues erschaffen und ich habe sehr viel gewonnen. Ich habe ein neues, komplett anderes Leben! Mir geht es so gut wie niemals zuvor in meinem Leben.
Aufgrund meiner Situation war ich einige Male in der Psychiatrie. Dort habe ich meine jetzige Frau kennengelernt - das Beste, was mir je passieren konnte! Wenn mensch sich irgendwo richtig kennenlernen kann, ist das in so einer Einrichtung, in der jeder sein Innerstes nach außen kehrt. Bevor wir zusammenkamen, wusste jeder von jedem alles, Eigenarten, Vorlieben, Macken und besonders die Geschichte, welche hinter der Person steckt. Trotzdem, oder gerade deshalb, haben wir uns für UNS entschieden. Nach vierjähriger "Bewährungsfrist" sind wir nun seit einem Jahr sehr glücklich verheiratet. Da wir beide "vom Fach" sind, können wir verständnisvoll und unterstützend mit den jeweiligen Erkrankungen umgehen. Wir sind gemeinsam stark!
In der Klinik wurde ich auch mit Praktiken konfrontiert, welche ungemein hilfreich im Umgang mit psychischen Erkrankungen im Alltag sind. Nicht jede Therapiesitzung hatte einen positiven Effekt, aber ich habe jedesmal ein klein wenig mitgenommen, was ich im Alltag anwenden kann. Nun hoffe ich auf eine Therapie, die nachhaltig wirkt - ich stehe auf der Warteliste.
Während eines Aufenthalts habe ich Kontakt zu einer Einrichtung aufgenommen, welche psychische Unterstützung im Alltag und in Krisen gewährt - die Integrierte Versorgung. Diese wurde von verschiedenen Krankenkassen ins Leben gerufen, um Klinikaufenthalte zu reduzieren. Ich hatte therapie-ähnliche Gespräche, wurde in sozialen Fragen unterstützt und begleitet, und konnte in einer Notlage sogar die Krisenwohnung nutzen. Eine tolle Einrichtung, wofür ich wirklich dankbar bin - für mich ein Sprungbrett in ein einigermaßen geordnetes Leben.
Durch und mit der Integrierten Versorgung erkannte ich die Möglichkeit und Notwendigkeit der Betreuung, rechtlich als auch sozial-psychiatrisch. Wir gingen gemeinsam zum Gericht und beantragten eine rechtliche Betreuung, welche mir auch unmittelbar gewährt wurde. Auch den Erstkontakt zum künftigen Betreuer stellten wir gemeinsam her und ich wurde zu den ersten Terminen begleitet. Ohne die Integrierte Versorgung hätte ich diesen Schritt niemals gewagt, denn es bedeutete ja auch, mir einzugestehen, dass ich Hilfe benötige und nicht alleine klar komme. Der rechtliche Betreuer, ein Rechtsanwalt, half mir, unter anderem, endlich das behördliche Desaster in ordentliche Bahnen zu lenken. Er beantragte die Erwerbsunfähigkeits-Rente und boxte diese in einem Widerspruchsverfahren durch. Auch erkannte er die Notwendigkeit einer pflegerischen Unterstützung, und beantragte Pflegegrad 1. Nachdem ich erkannt und akzeptiert hatte, dass ich alleine nur versagen kann, war mir diese Betreuung eine besonders große Hilfe. Mittlerweile habe ich, aufgrund von Unstimmigkeiten, den Betreuer gewechselt und werde nun noch besser versorgt.
Der rechtliche Betreuer, in Zusammenarbeit mit der Integrierten Versorgung, vermittelten mir dann noch eine ambulante sozial-psychiatrische Betreuung, da die Integrierte Versorgung nur zeitlich begrenzt und bedingt für mich tätig werden kann. Durch die ASP-Betreuung, welche sich in direkter Umgebung zu meiner Wohnung befindet, habe ich noch einiges an Lebensqualität gewonnen. Ich bespreche alles Wichtige mit meinem Betreuer - ein sehr netter, mitfühlender Mann. Ich werde zu Arzt- und Behördenterminen begleitet, wir machen Spaziergänge, fahren Fahrrad oder machen einen Ausflug. Auch unterstützte er mich ungemein bei der Therapiesuche. All das wäre mir nur bedingt möglich, da meine Frau ihrerseits nur eingeschränkt handeln kann. Für uns eine unbeschreibliche Unterstützung!
Mittlerweile ist die Zusammenarbeit mit der Integrierten Versorgung ausgelaufen, aber ich benötige sie auch nicht mehr. Die rechtliche und ambulante sozial-psychiatrische Betreuung arbeiten in einem gut durchdachten Netzwerk mit mir und stehen im regen Kontakt. Durch die Rechtsanwältin der neuen rechtlichen Betreuung wurde mir der Pflegegrad 2 zuerkannt, wodurch die pflegerische Seite nun auch erweitert werden konnte.
Dieses System, dieses Hilfenetzwerk hilft mir sehr, hält mir den Rücken frei, damit ich mich mehr auf die Gestaltung des Alltags, auf eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation und auch mal auf die psychischen Belastungen konzentrieren kann. Leider verschlimmert sich mein Zustand zusehends, aber es ist leichter durch die Hilfen...
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