Diagnose
Ich leide schon seit vielen Jahren,
wahrscheinlich mein ganzes Leben, an schweren psychischen und neurologischen Erkrankungen, die mein Leben erheblich beeinflussen und erschweren.
In den letzten Jahren wurde bei mir
ein neurologisches Phänomen erkannt, welches eine mich behandelnde
Neurologin „hyperaktives Gehirn“ nannte - eine weitere mögliche
Beschreibung lautet wohl „Hypersensible Persönlichkeit“.
Es handelt sich nicht um ADS/ADHS,
Autismus oder ähnliches, vielmehr ist es eine Mischung aus allem und
vielem, eine Überaktivität des Gehirns, die dazu führt, dass ich
sehr viel mehr bewusst wahrnehme und speichere, als ein gesunder
Mensch… auch in der Nacht… realitätsnahe Träume und Gedanken
rauben mir den Schlaf... zu viele Informationen wollen auf einmal
ungefiltert bearbeitet werden... täglich abermillionen Reize,
Eindrücke und Gedanken, mit gleicher Priorität - ob ein
Gesprächspartner mir gegenüber, ein Geräusch, eine Bewegung oder
eine vorbei fliegende Fliege… alle gleichzeitig und gleich
wichtig... Chaos im Kopf... diese Überaktivität führt irgendwann
zu einer Überlastung des Gehirns, Reizüberflutung genannt, eine
panikartige Reaktion folgt - der Kreislauf rennt, Schwitzen, Unruhe,
das Zwerchfell spannt sich, drückt auf die Lunge, Atemnot, ein
Kribbeln im Nacken und Kopf... alles in weniger als einer Sekunde...
Dieses Phänomen begleitet mich
höchstwahrscheinlich schon seit meiner Geburt, nur wirkte es sich
früher anders auf mich aus: die Fähigkeit, fast unendlich viele
Informationen in mich aufzunehmen und zu speichern, videographisch,
autodidaktisch, fast schon eine Sucht, Wissen aufzuhäufen, diese
Informationen in die richtigen Bahnen zu lenken und entsprechende
Schlüsse zu ziehen - ein wandelndes Lehrbuch, Lexikon, Adress- und
Telefonverzeichnis... fast unbegrenzte Fantasie und Kreativität...
empathisch, intuitiv und hypersensibel... Hochbegabt! Ein Segen? Ein
Fluch? Jetzt ist es ein Fluch, es läuft aus dem Ruder...
Unfähigkeit, die vielen Gedanken zu fassen, zu halten, zu sortieren…
Eine weitere, zusätzliche Diagnose
lautet „komplexes Posttraumatisches Belastungssyndrom mit
akzentuierter Persönlichkeit (ängstlich-vermeidend)“, aufgrund
mehrerer, lang anhaltender schockierender Situationen in meiner
Kindheit und Jugend, aber auch im Erwachsenenalter, die in Form von
Blitzerinnerungen, sogenannter Flashbacks, immer wiederkehren, als
erlebe ich sie nochmal… immer wieder… wieder Kind… Ich versuche
zu fliehen, Situationen zu meiden und vermeiden… mich mit Masken zu
schützen, jemand anderes zu sein… ziehe mich zurück… habe
keinen Zugang mehr zu meinem Empfinden, meinen Bedürfnissen, meinen
Wünschen, zu mir… ICH ist weg…
Es folgten daraus resultierende
heftige Panikattacken und Angstgefühle, die immer öfter mein Denken
und Handeln lähmen, keine Furcht, keine differenzierte Angst vor
etwas oder jemanden, nein, eine undifferenzierte Panik, in der nur
Flucht oder Angriff möglich ist… meist Flucht… scheinbar
grundlos... ein Reflex…
Eine weitere Folge sind schwere
Depressionen. Nicht etwa eine nie endende Traurigkeit, vielmehr ein
Mangel an der Fähigkeit, Gefühle zu empfinden und, vor allem, sie
zu deuten - eine Grundstimmung, mit wenig Spielraum für Euphorie und
Melancholie, Freude und Trauer, Liebe und Wut... eine große alles
umspannende Leere tief in meiner Seele…
Um all das zu ertragen, hat mein
Gehirn bereits in meiner Kindheit eine Schutzstrategie entwickelt:
Bei Überlastung schaltet es auf Standby, wie ein überlasteter
Computer. Ich verfalle in einen tranceähnlichen Zustand,
Dissoziation oder dissoziative Fugue/Amnesie genannt, in dem kein
vernunft- und planmäßiges Handeln mehr möglich ist, welcher oft
stundenlang anhält... endlose „Spaziergänge“ ohne Sinn und
Verstand, ohne Erinnerung daran...
Um einen Einblick zu gewähren, beschreibe ich hier die Auswirkungen auf mich und meinen Alltag, sowie mein Umgang damit. Ich zeige euch, welche Strategien und Verhaltensweisen ich nutze und anwende, um gegen die Symptome anzukämpfen...
McG
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