Der innere Rebell... mein Weg zu MIR

Rebellieren - sich gegen einen bestehenden Zustand, bestehende Verhältnisse auflehnen, aufbegehren, sich widersetzen, sich zur Wehr setzen, und eine Änderung herbeizuführen suchen; aber auch für etwas einstehen, einer Erkenntnis folgen, sich für einen Weg entscheiden, zu sich stehen...

Ich war ein Aussenseiter, war das fünfte Rad am Wagen, merkwürdig, anders, aus der Norm. Es interessierte sich kaum ein Mensch für mich, nicht einmal meine Bezugspersonen. Ich hatte kaum Freunde. Ich war ein Kind, missachtet, missverstanden, misshandelt... und allein, einsam - ICH ist weg...
Ich floh in eine andere Welt, fantastisch und imaginär. Dort war ich jemand, dort wurde ich gemocht, dort hatte ich Freunde, war nicht allein. Jedes Mal, wenn es brenzlig wurde, floh ich dorthin - meine erste "kleine" Rebellion.
Die Welt veränderte sich, ich veränderte mich. Imagination reichte nicht mehr. So floh ich in eine Welt aus Rausch und Selbstzerstörung - meine zweite Rebellion.
Das Merkwürdige, das Anderssein, das Unnormale wurde zu meiner Passion. Ich lehnte mich auf, widersetzte mich, gegen gesellschaftliche Normen und Zwänge, gegen soziale Ungerechtigkeiten. Ich wollte Veränderungen herbeiführen, erzwingen, ich wurde zum Rebellen. Ich wurde Punk, ich wurde Zeuge Jehovas, ich wurde Rocker, ich wurde Junkie.

Dreiunddreißig Jahre vernahm ich leise Stimmen, die eines Rebellen, tief in mir... und verstand sie falsch. Heute weiß ich, dass diese Rebellion nicht die Wirkung brachte, die ich mir erhoffte, denn sie war nur nach außen gerichtet, betraf nur mein Umfeld und die unabänderbare Gesellschaft. Eine sinnlose Rebellion, wenn ich alleine an der Front kämpfe, alleine gegen Alles und Jeden, ohne Weg, ohne ein Ziel, ohne Aussicht auf Erfolg - selbstzerstörerisch.
Das Problem war an ganz anderer Stelle. Es war in MIR... und die Stimmen wurden lauter. Diesmal hörte ich zu. Ich begann gegen mich, innerlich zu rebellieren, gegen meinen Lebenswandel, gegen meine Ansichten, gegen meine Selbstzweifel, meinen Selbsthass. Das erste Mal in meinem Leben suchte ich mir Hilfe, Verbündete, Unterstützer meiner Sache. Ich ging in eine Drogentherapie, meiner erster Kontakt zu MIR. Ich erkannte einen Weg, sah ein Ziel.
Jeder Schritt auf diesem Weg, jede folgende Veränderung war ein stetiger Kampf, ein Auf und Ab, ein Hin und Her, denn dem gegenüber stand der Diktator in mir, der, mit festgefahrenen Ansichten und alten Glaubenssätzen, mit der eisernen Hand der Schuld, dreiunddreißig Jahre mein Innerstes beherrschte und unterdrückte. Doch die Stimmen drangen aus dem Untergrund hervor, wurden laut, unüberhörbar, bis zu einem Aufschrei - der Diktator war geschlagen, in den Untergrund gedrängt, sein Einfluss auf ein Minimum beschränkt. Immer wieder versucht der Diktator durchzubrechen, mit Hinterlist Einfluss zu nehmen, doch der Rebell in mir ist stärker, er behält die Oberhand, der diktatorische Einfluss ist nur noch ein leises Flüstern... Die Rebellion hat gesiegt!

Jede Rebellion ist nur so gut, wie die Werte und Ansichten FÜR die sie einsteht. Sie wird aus einem GEGEN geboren, aber aus dem FÜR genährt. Eine Rebellion bedeutet Veränderung, und jeder Veränderung gehen Entscheidungen voraus, Entscheidungen FÜR etwas und GEGEN etwas, Pro und Kontra. Doch eine anfängliche Rebellion kann nur dauerhaft von Erfolg gekrönt sein, wenn die Veränderungen in die Normalität übergehen, wenn das GEGEN in den Hintergrund fällt und das FÜR, die neuen Werte und Ansichten, die Grundlage für neue Leit- und Glaubenssätze bilden. Der Sieg einer Rebellion bedeutet gleichzeitig ihr Ende!

Ich habe in den letzten 15 Jahren, besonders aber in den letzten 6 Jahren, erfolgreich rebelliert. Ich habe gegen die Sucht aufbegehrt, mich FÜR ein rauschfreies Leben entschieden. Ich habe mich gegen Selbstzweifel und Selbsthass gewehrt, mich FÜR Selbstvertrauen und Selbstliebe entschieden. Ich bin gegen die Schuldgefühle aufgestanden, habe mich FÜR mein Vergeben entschieden. Ich habe mich gegen Niedergeschlagenheit, Trost- und Hoffnungslosigkeit aufgelehnt, mich FÜR einen positiven achtsamen Weg entschieden. Ich habe Erkenntnisse über mich gewonnen, meine Werte und Ansichten dem angepasst, neue Leit- und Glaubenssätze gebildet: "ICH bin wichtig!", "ICH bin wertvoll!", "ICH bin talentiert!", "ICH bin liebenswert!", "ICH bin ich, und das ist gut so!".
Im letzten Jahr wurden die Veränderungen, die Glaubenssätze zu meiner Normalität, weil ich Schritt für Schritt, aber kontinuierlich meinem positiven Weg gefolgt bin. Ich habe nach und nach Strategien entwickelt, welche aufeinander aufbauen und zur Routine wurden. 
Ich bin auf dem Weg, ich kenne das Ziel. Das GEGEN spielt keine Rolle mehr, das FÜR ist wichtig! Diese Rebellion ist gewonnen und beendet.


Die nächste Rebellion kann beginnen... Traumatherapie ;)

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